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Mittwoch, 14. Juli, um 01.30 Uhrein sternenklarer Himmel! Nun gibt’s kein Zurück mehr, wenn nicht heute, dann nie! Um 02.30 Uhr, nach einem hastigen Frühstück und letzten Vorbereitungen, stehen wir marschbereit vor der Hütte. Um nicht den Eindruck zu erwecken, wir würden irgendwelchen Gruppen mit Bergführer hinterherlaufen, versuchen wir die Ersten zu sein, was uns leider nicht gelingt. Auf einem Felsbuckel zwischen Unterer und Oberer Plattje machen wir winzige Lichtpunkte weit oben am Monte RosaGletscher aus. Die müssen mindestens zwei Stunden Vorsprung haben. Auch kurz vor uns tauchen plötzlich Stirnlampen auf. Eine Gruppe mit fünf Leuten, die wir beim Anlegen der Steigeisen überholen, und direkt vor uns noch einmal zwei, die vor uns in den Eisbruch einsteigen – auf

einer ganz anderen Route, viel weiter rechts als jene, die wir am Vortag erkundet hatten. Da ja von Haus aus alle anderen viel mehr Ahnung von den Bergen haben als wir Flachländer, folgen wir ihnen, was sich schon bald als schwerwiegender Fehler herausstellte. Tags zuvor konnten wir noch die Spalten auf solidem Eis umgehen, nun gingen wir ständig über die auftauenden Schneebrücken. Auf schnellstem Weg versuchten wir nun aus dem Bruch heraus auf den sicher überfirnten Teil des Gletschers zu gelangen. Gefühlsmäßig konnte es nicht mehr weit sein, sehen kann man mit den Stirnlampen ja immer nur die nächsten zehn Meter. Plötzlich gibt der Boden unter meinem rechten Fuß nach und ich trete ein Loch in die Schneebrücke. Langsam versuche ich mein Gewicht auf den linken Fuß zu verlagern und vorsichtig zu belasten. Nützt nichts! Auch mit dem linken Fuß breche ich durch die Schneedecke, nun hänge ich nur noch mit dem Rucksack am Rand des immer größer werdenden Loches. Die Füsse baumeln in der Luft, finden keinen Halt mehr und es geht langsam weiter abwärts. Zum Glück befinde ich mich nah am Rand der Spalte und kann die Pickelhaue in solides Eis setzen, welche auch beim ersten Schlag bombenfest hält. Nun ist es ein Leichtes mich aus der Spalte selbst wieder heraus zu hieven. Marco hat die Situation hinterher so beschrieben: „Ich merke einen kurzen Ruck im Seil, drehe mich um, sehe aber erst mal niemanden. Schon eine Sekunde später taucht ein Pickel aus einem Loch auf, daran ist ein Arm, kurze Zeit später kommt ein Helm samt Stirnlampe zum Vorschein, dann ein Kopf, schließlich ein Fuß. Wieder zwei Sekunden später liegt der ganze Kerl keuchend neben der Spalte." „Das war knapp, beinahe wäre ich komplett in die Spalte eingebrochen!", rufe ich Marco zu. „Kein Problem", antwortet er mir, „Ich hätte dich schon gehalten.“ Auch er hatte nämlich in Windeseile seinen Pickel ins Eis gedroschen und tatkräftig am Seil gezogen. „Bei so einem sicheren Krisenmanagement kann eigentlich gar nichts mehr schief gehen“, sagen wir uns grinsend kurze Zeit später und machen uns weiter auf den Weg. Noch immer in völliger Dunkelheit kommt nun auf dem weitläufigen Gletscher auch der Kompass öfter zum Einsatz. 90 Grad Ost, die Richtung müsste passen. Als es um 05.30 Uhr endlich langsam hell wird, sind wir schon auf einer Höhe von knapp 4000 Metern. Wir liegen spitzenmäßig in der Zeit und die Richtung stimmt auch. Die meisten anderen Gipfelaspiranten haben wir mittlerweile überholt, nur eine Zweierseilschaft und ein Einzelgänger sind noch vor uns. Die akribische Vorarbeit zahlt sich doch aus. Wenn wir uns umdrehen, sehen wir das Matterhorn im ersten Morgenlicht. Beflügelt von diesen gigantischen Eindrücken machen wir die nächsten 500 Höhenmeter in weniger als einer Stunde bis uns eine knapp 45 Grad steile Firnflanke wieder etwas einbremst. Hochkonzentriert gehen wir die Flanke an. Hier ist sicherer Umgang mit Steigeisen und Eispickel gefordert, da man ja auf Firn nicht mit Eisschrauben sichern kann.

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Als auch dieses Hindernis überwunden ist, kommen wir an dem luftigen Gipfelgrat an, in dem laut Goedeke die Hauptschwierigkeiten der Dufourspitze liegen. Ständig wechselnder Untergrund (Fels, Eis, Schnee) und Kletterstellen bis zum dritten Schwierigkeitsgrat fordern fast alle Facetten des Bergsports. Klettern in einer Höhe von 4600 Metern, noch dazu mit Steigeisen an den Füssen, fordern Körper und Geist gewaltig. Jeder Griff, jeder Tritt muss genau überlegt und geprüft werden, denn rechts und vor allem links des Grates geht es mehrere tausend Meter in die Tiefe. An einem so ausgesetzten Ort war ich noch nie zuvor in meinem Leben. Die Kletterei schlägt deutlich aufs Zeitkonto und so wird es doch noch 08.30 Uhr, bis wir auf dem höchsten Punkt der Schweiz stehen.
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Genau sechs Stunden benötigten wir somit von der Hütte zum Gipfel, exakt die Zeit die im Führer angegeben ist. Nun wurden wir erst einmal reichlich für die Mühen mit einem gigantischen Ausblick belohnt wie aus einem Flugzeug. „Ein Gipfel, den man sich ehrlich errackern muss und dessen Besteigung deshalb besonders tiefe Befriedigung verschafft. Dazu kommt ein fantastischer Rundblick - wenn man ihn hat", schreibt Hr. Goedeke in seinem Führer. Dies können wir nur bestätigen und den Rundblick bei strahlend blauem Himmel hatten wir auch. Auf alle Viertausender im Monte Rosa können wir herabblicken: Nordend, Zumsteinspitze, Signalkuppe, Liskamm, auch das etwas weiter westlich liegende Matterhorn sehen wir von oben. Nur direkt am Horizont ragt ein Schneebuckel noch weiter in den Himmel hinauf: der Mont Blanc!

 

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